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Quarzoszillatoren richtig auf Funktion und Originalität prüfen

16.06.2025 – Sahen wir in der Hauptsache ab dem Jahr 2020 eine teils breitbandige Verknappung von Bauteilen im Halbleitermarkt, so ist aktuell das Gegenteil der Fall: Einerseits sind Distributoren mit einer marktbedingt nur schwachen Nachfrage konfrontiert und andererseits existieren die durch COVID-19 bedingten Produktionseinschränkungen nicht mehr. Die Bauteilverfügbarkeit ist hoch.

Hierdurch bedingt hat sich das Preisgefüge zwischenzeitlich entsprechend angepasst. Teils horrende Preise für dringend benötigte Bauteile gehören der Vergangenheit an, in der Distribution spielen die Einkaufspreise wieder eine tragende Rolle.

Diese Situation allerdings ruft zunehmend wieder organisierte Bauteilfälscher auf den Plan. Überschwemmten diese in der Allokationsphase noch mit Plagiaten oder Ausschussware für teures Geld den Markt, so locken sie nun aktuell mit besonders „preiswerten“ Bauteilen. Hier ist natürlich Vorsicht geboten. Insbesondere auch dann, wenn die zu beschaffenden Bauteile anderswo nur schwer, deutlich teurer oder eben überhaupt nicht erhältlich sind.

Zwischenzeitlich geht man in Expertenkreisen nämlich davon aus, dass bis zu drei Prozent der insgesamt am Markt gehandelten Halbleiter keine Originalbauteile sind. Und da elektronische Baugruppen ja in aller Regel aus einer Vielzahl aus Einzelbauteilen bestehen, potenziert sich das Risiko noch entsprechend. Ernstzunehmende Schätzungen gehen in die Richtung, dass deshalb zwischen sieben und fünfzehn Prozent aller weltweit gehandelten Geräte mindestens ein gefälschtes Bauteil enthalten.

Besonders beliebt für Fälschungen werden zunehmend Bauteile, welche sich zum einen mit überschaubarem Aufwand gut nachbauen lassen, zum anderen aber nur mit massivem technischen Aufwand als Plagiate identifizierbar sind. Als Beispiel werden hier Quarzoszillatoren behandelt, für die es – neben den bekannten Markenherstellern – weltweit viele kleinere Fabriken gibt. Und diese sind oft nur zu gerne bereit, eine „Sonderserie“ nach Wunsch des Auftraggebers aufzulegen, die ganz klar eine möglichst große Ähnlichkeit zu einem Markenprodukt aufweist. Weniger zurückhaltend ausgedrückt: Es wird ebenso ungeniert wie dreist gefälscht, mit Beschriftung und Logo des Originalherstellers versteht sich.

Je nachdem, wie professionell diese Fälschungen ausfallen, hat man als Distributor oder Verarbeiter mal mehr, mal minder gute Chancen, diese erkennen zu können. Zumeist enden die eigenen Inspektionsmöglichkeiten allerdings bei einer visuellen Inspektion. Bestenfalls kann noch ein chemischer Wischtest durchgeführt werden, um ein Remarking oder Resurfacing am Gehäuse aufzudecken. Der Wischtest allerdings bringt bei Quarzoszillatoren meist wenig, da deren Gehäuse fast immer aus Metall, Keramik oder eine Kombination beider Materialien besteht. Und die zumeist gelaserten Bauteilbeschriftungen lassen sich von Lösungsmitteln keinesfalls aus der Ruhe bringen.

Bedingt durch die Gehäusebauart scheidet auch eine chemische Bauteilöffnung (Decapping) zur Inspektion des Innenlebens und des Dies aus, sodass letztlich noch eine Röntgenuntersuchung bleibt. Hierzu benötigt man zwingend ein Referenzmuster in Form eines Originalbauteils aus zu 100 Prozent sicherer Quelle. Entspricht der innere Aufbau des Plagiats in Größe und Geometrie allerdings dem des Originals, dann wird auch diese Analysemethode erfolglos bleiben.

Zu allem Überfluss existiert nämlich auch noch die weitere Möglichkeit, dass es sich bei den gekauften Bauteilen zwar um nagelneue Originalware handelt, diese aber wegen technischer Mängel oder Toleranzüberschreitungen beim Hersteller zur Entsorgung aussortiert wurde. Leider kommt es immer wieder vor, dass solcher Ausschuss auf krummen Wegen wieder in Verkehr gebracht wird. Solche Bauteile lassen sich auch nicht durch eine noch so gründliche Röntgeninspektion identifizieren, sie sind ja schließlich Originale und „nur“ funktional beeinträchtigt.

Vom Grundsatz her betrachtet ist es sogar noch vorteilhaft, wenn Fälschungen oder Ausschussteile gleich beim Test der fertigen Baugruppe ausfallen. Deutlich gefährlicher stellt sich die Sachlage hingegen dann dar, wenn die Bauteile erst nach einiger Zeit oder unter bestimmten Betriebsbedingungen versagen beziehungsweise Fehlfunktionen aufweisen. Hierdurch können nicht nur erhebliche wirtschaftliche Schäden durch Schadenersatzforderungen und notwendige Nachbesserungen entstehen, auch fürs eigene Image und das Kundenvertrauen sind derlei Vorfälle alles andere als förderlich.

Welche Maßnahmen können Sie treffen, um die Originalität und korrekte Funktion sicherzustellen?

Robert Braun, Chief Technical Officer beim auf Originalitätsprüfungen spezialisierten Testhaus SafeLab GmbH Electronic Component Testing, empfiehlt hierzu die folgenden Prüfschritte:

Sorgfältige Wareneingangskontrolle
Verdächtige Dinge, wie beispielsweise unkenntlich gemachte Lotcodes auf der Umverpackung sind ein Warnsignal. Entspricht das Herstellerlogo und die Schriftart exakt dem Original? Erfolgte die Anlieferung der Ware in originalversiegelten Verpackungseinheiten? Schleif- oder Kratzspuren am Gehäuse, verbogene Pins und eine ungewöhnliche Verzinnung können ein Hinweis auf wiederverpackte oder wiederaufgearbeitete Ware sein.

Optische Inspektion unter dem Lichtmikroskop
Auffälligkeiten wie neuverzinnte Pins oder Lötpads lassen sich hier gut erkennen. Ebenfalls kann die Bauteilbeschriftung inspiziert werden. Hier auf gleiche Schriftart und ein präzise abgebildetes Herstellerlogo achten. Hersteller legen besonderen Wert auf diese Details und Abweichungen sind deshalb immer ein Verdachtsmoment. Gleiches gilt, wenn beispielsweise das Referenzmuster per Laser beschriftet wurde, die Ware aber konventionell bedruckt ist. Das gilt sinngemäß freilich auch umgekehrt.

Die mechanischen Abmessungen verifizieren
Vergleichen Sie die mechanischen Abmessungen mit den Angaben im Datenblatt. Das kann wahlweise mittels Digitalmessschieber oder Messmikroskop durchgeführt werden. Viele Fälschungen weisen kleinere Toleranzüberschreitungen nach unten oder oben auf. Bei Keramikgehäusen finden sich oftmals seitliche Einbuchtungen, welche in ihrer Position, Anzahl und Form der Maßzeichnung entsprechen müssen. Bereits kleinere Abweichungen stellen auch hier ein signifikantes Warnsignal dar.

Elektrische Funktionsprüfung durchführen
Quarzoszillatoren und Quarze haben sehr geringe Frequenzabweichungen im Bereich von einigen ppm. Nehmen wir hier als Beispiel einen Oszillator mit der Nominalfrequenz von 16 MHz und einer Toleranz von +/- 50 ppm. Die zulässige Ausgangsfrequenz muss hier somit zwischen 15,999200 und 16,000800 MHz liegen. Es wird schon bei Betrachtung der Nachkommastellen deutlich, dass eine aussagekräftige Überprüfung mit der oft in Funktionsgeneratoren integrierten Frequenzzählerfunktion – abhängig auch von Preisklasse und Präzision des Geräts – kaum oder gar nicht möglich ist. Die gilt noch viel mehr für eine Messung mit Digitaloszilloskopen, denn deren Frequenzmessfunktion löst oftmals im Megahertzbereich nur zweistellig hinter dem Komma auf. Prüfen lässt sich so bestenfalls, ob überhaupt die bestellte Version geliefert wurde, da zumindest Standardtypen stets ein gewisses festes Frequenzraster aufweisen. Wirklich aussagekräftige Messungen sind nur mit spezialisierten Frequenzzählern mit hinreichend hoher Genauigkeit und Auflösung möglich.

Wichtig ist die Überprüfung weiterer elektrischer Parameter: Entspricht die Stromaufnahme der Spezifikation im Datenblatt und funktioniert das Bauteil innerhalb des spezifizierten Spannungsbereichs? Am Oszilloskop können Sie Amplitude und Signalform der Prüflinge mit dem Referenzmuster vergleichen.

Mechanische Bauteilöffnung und mikroskopische Analyse
Gut gemachte Plagiate können (jedenfalls im Neuzustand) die elektrischen Spezifikationen erfüllen. Die Frage ist aber, wie lange das so bleibt und ob auch andere Werte den Vorgaben entsprechen, welche sich eben nicht so ohne weiteres wirtschaftlich darstellbar überprüfen lassen.

Funktions- und Originalitätsprüfungen sollten deshalb möglichst immer auf mehreren Verfahren beruhen. Noch präzisere Ergebnisse als eine Röntgeninspektion liefert die Bauteilöffnung. Denn so sind auch farbliche Unterschiede erkennbar, genauso wie Herstellerlogos und einzelne Beschriftungen auf dem Die. Auch aufwendig gemachte Fälschungen lassen sich auf diese Art enttarnen. Dies erfordert allerdings aufgrund der zunehmend kleineren Bauteilabmessungen spezielle Werkzeuge und Kenntnisse sowie ein entsprechend leistungsfähiges Digitalmikroskop, möglichst mit Koaxialbeleuchtung für die Die-Inspektion.

Fazit: Quarzoszillatoren stellen aufgrund ihrer breiten Angebotspalette relativ einfach zu fälschende Bauteile dar. Hingegen ist eine wirklich belastbare Originalitäts- und Funktionsprüfung vergleichsweise aufwendig. Wenn Sie im eigenen Haus die technischen Voraussetzungen oder die notwendige Expertise nicht besitzen, dann ist im Zweifelsfall immer die Beauftragung eines entsprechend qualifizierten und ausgestatteten Testhauses die bessere und sichere Lösung.

Autor:
Robert Braun
Chief Technical Officer, SafeLab GmbH Electronic Component Testing