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Gefälschte elektronische Bauteile – die unerkannte Gefahr für die Produktion

Manipulierte Komponenten in der Elektronikindustrie: Wie groß ist das Problem tatsächlich und welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

Mit etwas Glück passiert gar nichts und die Produktion läuft wie geplant. Aber unter Umständen entstehen Qualitätsmängel oder Ausfälle und im schlimmsten Fall ergeben sich hochgefährliche Sicherheitsrisiken. Hinzu kommen finanzielle und Image-Schäden, von denen sich Firmen oft lange nicht erholen. Warum lassen viele Fertigungsunternehmen dieses Risiko zu und welche Rolle spielen Testhäuser in diesem Zusammenhang?

Zu diesem brisanten Thema gab es auf der Productronica 2023 in München eine Podiumsdiskussion der Zeitschrift EPP. Im sogenannte EPP Talk interviewte der Journalist Markus Strehlitz Christian Peter (CEO und Gründer SafeLab GmbH Electronic Component Testing) und Gunter Mößinger (HTV Conservation GmbH). Beide Experten waren sich einig, dass gefälschte Bauteile eine stark unterschätzte Gefahr darstellen. In der 30-minütigen Debatte erörterten sie, welche Lösungsmöglichkeiten vorhanden sind. Besonders erschreckend fanden sie, wie nachlässig oft mit Ware aus unsicheren Quellen umgegangen und was alles in Kauf genommen wird, um einen Bandstillstand zu vermeiden. Der sei oft die größte Angst, weil jede Stunde Ausfall mit riesigen Geldsummen verbunden ist.

Für Christian Peter beginnt daher ein gutes Qualitätsmanagement bereits in der Beschaffung. Schon hier können durch Einbindung eines Testhauses mithilfe von Analyseverfahren mögliche Fälschungen oder Bauteilmanipulationen aufgedeckt und somit weitere Schäden vermieden werden. Bislang ist die Vorgehensweise vieler Kunden eher so, dass erst dann Tests in Auftrag gegeben werden, wenn es Auffälligkeiten gibt. Oft sind diese dann sogar mit dem bloßen Auge zu erkennen. Prophylaktische Tests finden so gut wie nicht statt. Hier herrscht das Motto: Solange alles funktioniert, machen wir weiter.

Für die Laboruntersuchungen stehen bei beiden Dienstleistern verschiedenste Methoden zur Verfügung: Bauteilöffnung, Oberflächenanalyse, Mikroskopie, Schliffbilderstellung, Lötbarkeitstest, elektrische Tests und vieles mehr. Dabei handelt es sich oft um Detektivarbeit, denn nicht jede Fälschung ist plump gemacht. Manchmal sind es winzige Details wie eine professionelle Lasermarkierung, die ein Consumer-Grade auf diese Art zum Military-Grade „aufwertet“. Und die Methoden der Fälscher entwickeln sich ständig weiter, sodass es für die Testhäuser keinen Stillstand gibt. Sozusagen ein permanentes Katz- und Mausspiel, dessen Ausmaß den Fertigern kaum bewusst ist.

Auf die Frage, was Unternehmen bereits im Vorfeld tun können, um gar keine gefälschte Ware ins Haus zu bekommen, steht für Christian Peter ganz klar ein strenges Lieferantenmanagement seitens der verarbeitenden Industrie. Dazu zählen neben ausführlicher Recherche bei einschlägigen Datenbanken sowohl angekündigte als auch unangekündigte Tests der gelieferten Ware. So sei auch die Vorgehensweise bei Intertec Components, seinem seit 30 Jahren bestehenden Unternehmen, spezialisiert auf die Distribution elektronischer und elektromechanischer Bauelemente. Hier entstand auch die Idee zur Gründung des SafeLab.

Christian Peter und Gunter Mößinger nennen ein zusätzliches Problem der Branche, nämlich das Fehlen einer einheitlichen Zuständigkeit innerhalb der Unternehmen. Sowohl SafeLab als auch HTV erleben, dass unterschiedlichste Stellen Tests bei ihnen in Auftrag geben: vom Einkauf über die Qualitätssicherung bis zur Führungsebene. Da, wo Auffälligkeiten auftauchen oder bewusst werden, erfolgt dann die Beauftragung eines Testhauses. Aber auch das ist wieder ein reaktives Vorgehen, das die mangelnde Beachtung der Problematik widerspiegelt.

Zum Schluss des Talks weist Christian Peter darauf hin, dass sich die aktuelle Marktsituation noch entspannt zeige, aber sich das schnell ändern kann und wird. Auf diesen Moment warten die Fälscher, die derweil genug Zeit hatten, gefälschte Bauteile zu präparieren.

16.11.2023
EPP Talk@Electronica 2023
Konradin Mediengruppe
Thema: Gefälschte Bauteile erkennen – die unerkannte Gefahr für die Produktion

Moderator: Markus Strehlitz
Teilnehmer: Christian Peter (Gründer und CEO SafeLab GmbH), Gunter Mößinger (HTV Conservation GmbH)

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Artikel wurde geschrieben von: SafeLab GmbH Electronic Component Testing