Bei diesem Verfahren wird das Material ausschließlich in einer chemischen Reaktion mit sogenannten Radikalen abgetragen, die in einem Plasma entstehen. Da hier keine hochenergetischen Teilchen reagieren, kommt es nicht zur ungewünschten Beschädigung des Substrates. Allerdings bewirkt man dadurch ausschließlich anisotrope Ätzung, so dass das Verfahren zur Erzeugung feiner Strukturen ungeeignet ist. Es findet vorwiegend zum Abätzen ganzer Schichten Einsatz, so zum Beispiel zum Entfernen von Lackschichten.
Entstehung von Radikalen im Plasmazustand: Bei diesem Verfahren wird ein Gas, oft Kohlenstofftetrafluorid CF4, zwischen zwei Elektroden in einem elektrischen Wechselfeld in den Plasmazustand versetzt. In diesem Zustand (genauer Beschreibung siehe link Der Plasmazustand; Erzeugung und Aufrechterhaltung) können sich eine hohe Zahl von Elektronen getrennt von ihren Atomen bewegen, die daher im ionisierten Zustand verbleiben.
In diesem sehr energiereichen Plasmazustand entstehen äußerst reaktive chemische Verbindungen, sogenannte Radikale. Deren Bildung sei hier bei Verwendung des Reaktionsgases CF4 erläutert:
Zunächst erfolgt, begünstigt durch die Wechselfeldanregung, die Aufspaltung von CF4 in CF2 und F2, was durch Zugabe von Sauerstoff mit folgender Reaktion noch unterstützt wird:
2CF4 + O2 -> 2COF2 + 2F2
Es steht nun genügend Energie zur Verfügung um die äußerst stabile Bindung der zwei Fluoratome zu lösen. Die isolierten Fluor-Atome nennt man Radikale, die zwar elektrisch neutral aber äußerst reaktiv sind (Fluor ist das Element, mit der stärksten Tendenz, ein zusätzliches Valenzelektron aufzunehmen).
Abb. 50: Die Aufspaltung der äußerst stabilen Bindung der Fluor-Atome
Technische Realisierung des Ätzverfahrens: Das Feld zur Plasmaanregung erzeugt man zwischen zwei Kondensatorplatten, von denen eine auf Erdpotential gelegt wird, wogegen die gegenüberliegende mit der Wechselspannung versorgt wird (siehe Abb. 51). In einem Zyklus der Wechselspannung werden die leicht beweglichen Elektronen zunächst zu der Elektrode unter Spannung gezogen, solange die positive Spannung anliegt. Da diese Elektronen nach der Spannungsumkehr nicht mehr aus der Elektrode austreten können, da dazu nicht genügend Energie zugeführt wird, behält sie diesen negativen Ladungszustand. In der Nähe dieser Elektrode, wo nun die Elektronen abgezogen wurden, fällt daher ein statisches Feld ab. Dabei können Spannungen über 1 kV auftreten.
Abb. 51: Die Anordnung für das Plasmaätzverfahren in Parallelplatten-Bauweise
Da die entstandenen Gasionen nun zu der Elektrode mit dem entstandenen statischen negativen Potential gezogen werden, erreichen bevorzugt die ungeladenen Radikale den auf der gegenüberliegenden, geerdeten Elektrode befindlichen Wafer. Dort sorgen sie aufgrund ihrer hohen Reaktivität für den Materialabtrag. Da diese sich jedoch lediglich in thermischer Bewegung ohne Vorzugsrichtung befinden, erfolgt das Ätzen auf dem Wafer isotrop in alle Raumrichtungen.
In einer Abwandlung kann man das Plasma in einer abgetrennten Kammer erzeugen. Die Radikale können dann auf den Wafer geleitet werden, wogegen alle geladenen Teilchen mit elektrischen Feldern zum Verbleib in der Kammer gezwungen werden. Diese Technik wird in einem sogenannten Down-Stream-Reaktor realisiert. In einer solchen Anlage erfolgt eine Plasmaanregung durch Mikrowellenstrahlung in einem getrennten Bereich, aus dem die Radikalverbindungen abtransportiert und auf den Wafer geleitet werden. Eine solche Anlage ist in folgender Abbildung skizziert:
Die häufigste Anwendung findet das Plasmaätzverfahren zur Abtragung von Lackschichten.