Bei diesem Verfahren entfaltet sich die Ätzwirkung durch beschleunigte Ionen eines Plasmas, bei deren Aufprall verbunden mit einer chemischen Reaktion der Materialabtrag auf dem Wafer vonstatten geht.
Eine Ausführung der Anlage in Parallelplattenform arbeitet dabei prinzipiell auf die gleiche Weise wie beim Plasmaätzen.
Abb. 52: Ein RIE-Reaktor in Parallelplattenbauweise
Auch hier befindet sich ein Gas im Plasmazustand im Wechselfeld zwischen zwei Kondensatorplatten. Dabei liegt eine der Elektroden auf Erdpotential, gegenüber dem auf der gegenüberliegenden Elektrode eine Wechselspannung angelegt wird. Während eines Zykluses der Wechselspannung wandern die leicht beweglichen Elektronen solange die positive Spannung anliegt zunächst zu dieser Kondensatorplatte. Da sie diese nach der Spannungsumkehr nicht mehr verlassen können, da dazu nicht genügend Energie zugeführt wird, ergibt sich dort eine starke Ansammlung negativer Ladung. Es resultiert also ein sehr hohes statisches elektrisches Feld (Biasspannung), das jetzt auch auf die schweren und damit trägen Ionen effektiv beschleunigend wirkt.Im Gegensatz zur Anlage beim Plasmaätzen befinden sich die prozessierten Wafer auf dieser Elektrode. Damit treffen die beschleunigten Ionen auf und entfalten ihre Wirkung eventuell verbunden mit einer chemischen Reaktion.
Gleichzeitig reagieren die entstehenden Radikale, die, wie beim Plasmaätzen beschrieben, elektrisch neutral sind und damit nicht beschleunigt werden. Sie bewirken ebenfalls einen Materialabtrag auf rein chemischem Wege. Zudem lösen sie das durch die Ionen ausgeschlagene Material, das sich dadurch nicht mehr auf den Wafern oder in der Anlage niederlassen kann.
Abb. 53: Ein RIE-Reaktor in Hexodenbauform
Die Selektivität bei diesem Verfahren ist nur gering.
Die beschleunigten Ionen bewegen sich bei geringem Reaktionsdruck vorwiegend vertikal auf den Wafer zu, so dass der Ätzvorgang anisotrop erfolgt. Bei erhöhtem Druck dagegen, bei dem Kollisionen mit der Gasumgebung häufiger stattfinden, werden die Ionen abgelenkt und erreichen den Wafer aus allen Richtungen. Damit ist eine isotrope Ätzcharakteristik möglich. Dabei kann wegen dem stärkeren chemischen Einfluss die Selektivität des Verfahrens erhöht werden.
Die kristallschädigende Wirkung der energiereichen Ionen muss anschließend bei erhöhter Temperatur wieder ausgeglichen werden.
Zur anisotropen Ätzung von Profilen in Silizium mit scharfen senkrechten Kanten, können die senkrechten Flächen passiviert werden, um dort einen Materialabtrag strikt zu verhindern. Dazu lässt man das beim Ätzen aus der Siliziumoberfläche ausgelöste Material mit Sauerstoff in Reaktion treten, in deren Folge sich Siliziumoxid ablagert. Die hohe Zahl der senkrecht eintreffenden Ionen entfernen diese Oxidschicht sofort auf allen horizontalen Flächen. Die Zahl der abgelenkten Ionen reicht dagegen nicht aus, um die Kanten freizulegen, so dass der Materialabtrag dort stark reduziert wird. Zur Verdeutlichung dieses Effektes dient folgende Abbildung:
Die Geschwindigkeit des Ätzvorgangs ist bei diesem Verfahren von vielen Einflüssen abhängig, wie dem Prozessdruck, den Temperaturbedingungen, der Leistung der Wechselfeldanregung und den verwendeten Gasen. Die erzielte Ätzrate ist zudem von der Distanz der Kondensatorplatten abhängig. Mit geringerem Abstand wird dabei eine höhere Rate erreicht, wogegen allerdings zu kurze Distanzen zu inhomogener Plasmadichte führen und somit die Ätzung ungleichmäßig erfolgt.
Die Prozessgase müssen an die zu ätzende Substanz angepasst werden. Zur Ätzung von Silizium und Siliziumverbindungen eignen sich Fluor und Chlor-haltige Gase.